Zwischen Abkürzung und wahrer Tiefe
Liebe Seele,
kaum ein anderes Thema ist in der modernen Spiritualität so aufgeladen wie bewusstseinserweiternde Substanzen. Psychedelika, Pilze, Ayahuasca, Microdosing – viele berichten von intensiven Durchbrüchen, tiefen Einsichten und Momenten, die ihr Leben verändert haben. Dahinter steht meist die Sehnsucht nach tiefer Erkenntnis, Heilung oder einer spirituellen Erfahrung „auf Knopfdruck“.
Vielleicht erwartest Du jetzt eine klare Position: „gut“ oder „schlecht“, „ja“ oder „nein“. Genau das möchte ich nicht tun. Ich bin weder grundsätzlich für noch grundsätzlich gegen bewusstseinserweiternde Substanzen. Ich verurteile niemanden für den Weg, den er wählt. Aber ich habe eine klare Haltung für mich selbst – und die ist: Für meinen Weg nutze ich diese Form der Bewusstseinserweiterung aktuell nicht.
Warum ich meinen Weg ohne Substanzen gehe
Ich glaube, dass vieles von dem, was mit Substanzen möglich ist, grundsätzlich auch ohne sie erfahrbar ist: tiefe Bewusstseinserweiterung, Einheitserlebnisse, innere Bilder, Begegnungen mit der eigenen Seele. Aber dieser Weg ist oft der lange, stille, unspektakuläre. Er besteht aus hunderten Stunden in Stille, aus Schattenarbeit, aus inneren Prozessen, aus Phasen der Orientierungslosigkeit und aus dem Mut, immer wieder hinzuschauen. Er ist nicht „instant“, nicht glamourös, nicht immer leicht zu erklären – aber er ist tief verankert.
Substanzen können etwas anderes:
Sie katapultieren Dich in kürzester Zeit in Zustände, für die Du sonst Jahre brauchen würdest. Das kann kraftvoll und heilsam sein – wenn ein Mensch bereit ist, genau das zu halten und zu integrieren. Es kann aber auch zu früh, zu intensiv, zu viel sein.
Meine eigene Seele sendet mir dazu sehr klare Signale. Ein inneres „Achtung, achtsam sein“. Nicht aus Angst, sondern aus Liebe. Ich spüre, dass es einen Grund gibt, warum sich bei mir Türen nach und nach öffnen – im Einklang mit meinem Seelen- und Lebensplan, meiner Berufung und meiner inneren Stabilität. Würde ich heute eine starke Substanz nehmen und plötzlich Visionen, frühere Leben oder extreme energetische Räume sehen, könnte das mein System überfordern. Nicht, weil ich zu wenig „entwickelt“ wäre, sondern weil der Zeitpunkt vielleicht einfach noch nicht reif ist.
Substanzen können alle inneren Türen gleichzeitig aufreißen
Substanzen öffnen Türen. Und zwar oft alle auf einmal. Dabei können sie:
-
Mauern einreißen
-
tief sitzende Themen nach oben holen
-
Räume sichtbar machen, die bisher verborgen waren
Aber: Sie filtern nicht. Sie überprüfen nicht, ob Dein System stabil genug ist, um mit all dem umzugehen. Die Seele hingegen tut genau das. Sie zeigt Dir nicht „alles, was möglich wäre“, sondern nur das, was jetzt und in diesem Moment für Dich dienlich ist.
Spirituelle Erfahrungen: laut vs. leise
Unsere Gesellschaft liebt Intensität. Viele Menschen sind müde, leer, abgeschnitten vom eigenen Fühlen. Da wirkt ein „krasser Trip“ natürlich verlockend. Doch meine tiefsten und transformierendsten spirituellen Erfahrungen waren selten laut. Sie waren leise, intim, manchmal schmerzhaft ehrlich und oft mit sehr viel Zeit verbunden. Sie waren nicht spektakulär im Außen – aber sie haben in meinem Inneren alles verändert.
Deshalb glaube ich: Es macht einen großen Unterschied, ob Dich etwas hochkatapultiert – oder ob Du dort langsam hinwächst.
Der Mount-Everest-Vergleich
Stell Dir vor, Du möchtest den Mount Everest besteigen. Du bereitest Dich vor: körperlich, mental, emotional. Du trainierst, lernst, planst, gehst hinauf und wieder hinunter, gewöhnst Dich an die Höhe. Du überschreitest Grenzen, lernst Dich neu kennen, wächst. Wenn Du irgendwann am Gipfel ankommst, dann stehst Du dort nicht nur, weil Dich jemand „hochgebracht“ hat. Du stehst dort, weil Du den Weg gegangen bist. Dein Körper und Dein System wissen, wie sie mit dieser Höhe umgehen.
Jetzt stell Dir vor, Du würdest einfach mit einer Gondel nach oben fahren. Die Aussicht wäre natürlich dieselbe. Der Moment vielleicht überwältigend. Aber ein wesentlicher Teil der Erfahrung würde fehlen: der Weg, der Dich dorthin geführt hat.
So sehe ich bewusstseinserweiternde Substanzen. Sie können Dich sehr schnell sehr hoch bringen. Aber sie schenken Dir nicht automatisch die Fähigkeit, diese Höhe im Alltag zu halten.
Wenn aus Erfahrung ein „Kick“ wird
Ich glaube nicht, dass wir sagen können: „Substanzen sind gut“ oder „Substanzen sind schlecht“. Ich glaube, wir dürfen uns andere Fragen stellen:
-
Bin ich bereit, Verantwortung für das zu übernehmen, was sich zeigt?
-
Habe ich den inneren Boden, um das Erlebte zu integrieren?
-
Brauche ich gerade wirklich eine Substanz – oder suche ich nach einem Ausweg, einer Abkürzung, einem Kick?
-
Höre ich auf meine Seele – oder auf meinen inneren Druck, „mehr“ erleben zu müssen?
Für manche Menschen sind bewusstseinserweiternde Substanzen ein wertvoller Teil ihres Weges. Für andere sind sie zu intensiv oder schlicht nicht notwendig.
Für mich persönlich ist im Moment klar: Ich gehe den Weg mit meiner Seele. Schritt für Schritt. Nicht immer schnell, nicht immer spektakulär, aber geführt. Und wenn irgendwann der Moment kommt, in dem ein anderes Werkzeug – vielleicht auch eine Substanz – in meinem Seelenplan vorgesehen ist, dann werde ich es wissen. Nicht aus Neugier. Sondern aus einem tiefen, ruhigen inneren Ja.
Fazit
Spirituelle Tiefe lässt sich nicht konsumieren. Sie lässt sich nicht „nehmen“. Sie lässt sich nicht erzwingen. Sie wächst in Stille. In Präsenz. Im Alltag. In der Rückverbindung mit Dir selbst. Substanzen können Höhen öffnen – doch die Seele zeigt Dir, wie Du darauf stehen kannst. Und genau das, ist der Unterschied zwischen einem Erlebnis und echter Transformation.

Kommentar schreiben
Mama (Samstag, 06 Dezember 2025)
Ooooh Katja, wow,.... was für eine "Reise" �